Zu unserem Virtuellen Maskenmuseum kommen regelmäßig viele Fragen und Rückmeldungen von Besuchern. Manchmal ergeben sich dadurch ganz neue spannende Erkenntnisse, so dass man ein ganz anderes Bild von der jeweiligen Maske bekommt. So auch in diesem Fall, den wir euch nicht vorenthalten wollen.

Bereits seit längerem zeigen wir eine große Anzahl an großformatigen Aufsetzköpfen aus Pappmachee, den sogenannten Molliköpfen oder Schwellköpfen. Darunter befindet sich auch ein sehr großer Kopf, den die Maskenfabrik Heintz&Kühn in Manebach in den 1930er Jahren hergestellt und unter dem Namen „Dr. Unblutig“ vertrieben hat. So wurde er im Verkaufskatalog aus dem Jahr 1938 für 5,40 Reichsmark zum Kauf angeboten.

Ein Besucher unseres Virtuellen Museums aus Hamburg konnte nun spannende Hintergründe zu dieser Figur liefern. So war Dr. Unblutig nicht eine beliebige Phantasiefigur, sondern eine ab den 1920er Jahren sehr bekannte Werbefigur der Firma Kukirol. Geschaffen wurde diese 1923 vom Werbefachmann Johannes Iversen (1885-1941), der damals die Werbebranche mit seinen Ideen revolutionierte. Damit wurde Kukirol, ein Pflaster gegen Hühneraugen, beworben. Im Mittelpunkt der großen und aggressiv geführten Kampagne stand „Dr. Unblutig“ als „gnomenhaften Arzt mit hoher Denkerstirn, Spitzbart und runder Brille“. In Werbeanzeigen pries dieser über viele Jahre Jahre mit den abwegigsten Begründungen das Mittel Kukirol an. Dr. Unblutig wurde als „Professor für Kukirologie” mit einem Röntgenblick für das Hühnerauge vorgestellt, der in seiner wöchentlichen Sprechstunde als Anzeige in den Wochenendausgaben der Tageszeitungen seinen Patienten zum Abschluss immer riet: „Kukirolen Sie!”. Die damals bekannteste Werbefigur Deutschlands ging sogar als lebende Reklame in einem zur „Weltreisevilla“ aufgemotzten Omnibus bis nach Ostpreußen auf Rundreise.

Bis in die USA wurde diese Werbefigur bekannt, so dass es Dr. Unblutig 1925 sogar auf das Titelblatt des „Simplicissimus“ schaffte. Dort stand ein gewitzter „Dr. Blutig“ neben einem furchterregenden Diktator Mussolini – versehen mit der Unterschrift: „Kukulini und Mussirol.“

Bei solchen Werbeaktionen kam auch der Aufsetzkopf der Maskenfabrik Heintz&Kühn aus Manebach zum Einsatz. Bilder aus dem Stadtarchiv Schönebeck zeigen Dr. Unblutig mit dieser Maske bei Werbeauftritten am Strand.

Doch den wirtschaftlichen Erfolg für die Firma Kukirol konnte die Werbefigur nicht sichern. In den 1930er Jahren wurde die Firma von der Weltwirtschaftskrise erfasst und die Figur Dr. Unblutig verschwand aus der Öffentlichkeit. Bis heute gilt sie aber als Musterbeispiel für den Reklamestil der 1920er Jahre.

Vielen Dank für die Photos an Mathias Hille vom Stadtarchiv Schönebeck